Inklusion

Bild: Jens Schulze

"Schulseelsorge eröffnet spirituelle Räume"

Nachricht 12. Juli 2014

42 Religionslehrer und Religionslehrerinnen wurden am 12. Juli von Vizepräsident Arend de Vries und Kirchenrat Marc Wischnowsky in einem feierlichen Gottesdienst mit der Schulseelsorge beauftragt. Grundlage für die ehrenamtliche Beauftragung zur Schulseelsorge ist eine Zusatzqualifikation, die die Landeskirche bereits seit 2009 am Religionspädagogischen Institut (RPI) Loccum anbietet. 140 Religionslehrkräfte haben die fünf Ausbildungsmodule bereits mit Zertifikat abgeschlossen, zum Ende des Jahres 2014 werden es 170 sein.

Jährlich beginnen zwei Ausbildungsgänge. Die Ausbildung befähigt dazu, besondere Aufgaben an der Schule wahrzunehmen. Im Vordergrund steht dabei die Seelsorge an Schülerinnen und Schülern sowie an Lehrerinnen und Lehrern. Schulgottesdienste und Andachten, die Gestaltung eines „Raumes der Stille“, Projekttage, kollegiale Beratung, Kirchenpädagogik, Angebote zum Kirchenjahr und für Kollegien gehören weiterhin dazu.

Das seelsorgerlich-beratende Kurzgespräch ist ein Schwerpunkt der Ausbildung, ebenso die Begleitung von Trauer- und Krisenfällen an Schulen. Die Seelsorgegespräche der so Beauftragten stehen unter dem vollen Schutz des Seelsorgegeheimnisses. Die Ausbildung im RPI Loccum wird von den evangelischen Landeskirchen Oldenburg, Schaumburg-Lippe, Hannover und der reformierten Kirche getragen.

"Schulseelsorge eröffnet spirituelle Räume“, sagt Kirchenrat Marc Wischnowsky. „Sie bietet Begleitung und Orientierung in schwierigen Lebenslagen, sie fördert die Kooperation mit evangelischer Gemeinde vor Ort.

Viele Schulleitungen schätzen dieses Angebot als einen besonderen Beitrag zur Schulkultur. Lehrerinnen und Lehrer sind für Ausbildung und Unterstützung in diesem Dienst dankbar. Durch ihr Engagement wird Religion an dem Ort erfahrbar, an dem Kinder und Jugendliche einen Großteil ihres Lebens verbringen. Dies wollen die evangelischen Kirchen stärken und fördern." 

"Haben Sie mal einen Moment Zeit?" - Expertin: Schulen brauchen Seelsorger
epd-Gespräch: Jörg Nielsen, 12.07.2014

Loccum/Kr. Nienburg (epd). Ob Mobbing oder Liebeskummer: Schülerinnen und Schüler brauchen nach Ansicht der Theologin und Pädagogin Bettina Wittmann-Stasch die Hilfe von ausgebildeten Seelsorgern an ihrer Schule. "Die Schule ist zu einem Lebensort für Kinder und Jugendliche geworden", sagte die Referentin des Religionspädagogischen Instituts in Loccum bei Nienburg im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Lernpensum und die Erwartungen an die Schüler seien viel höher als früher. "Darum brauchen sie eine starke Begleitung."

Wittmann-Stasch bildet in Loccum evangelische Religionslehrer zu ehrenamtlichen Seelsorgern an öffentlichen Schulen weiter. Die ersten 40 von bisher 140 Absolventen wurden am Sonnabend von der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers offiziell mit ihrem neuen Amt beauftragt. "Damit unterliegen sie dem Seelsorgegeheimnis. Sie haben die Pflicht, aber auch das Recht zu schweigen."

Anlässe für Seelsorge-Gespräche gebe es viele: "Das kann ein Todesfall im Freundeskreis oder der Familie sein, eine Trennung, Mobbing oder einfach Liebeskummer." Wenn Schüler ein Gespräch suchten, sei das in den meisten Fällen schnell zu merken. "Sie brauchen nach der Stunde ewig, um ihre Tasche zu packen. Und wenn alle Mitschüler raus sind kommt der Satz: Haben Sie mal einen Moment Zeit?"

Ihre Auszubildenden seien "zumeist ohnehin schon sehr engagierte Lehrer, die mit einem christlichen Impetus auf ihre Schüler und Kollegen schauen", sagte Wittmann-Stasch. "Sie haben auch bisher schon vertrauliche Gespräche geführt und wollen dabei professioneller werden." Darum liege der Schwerpunkt der Weiterbildung bei der Gesprächsführung

Die künftigen Seelsorger lernten aber auch, "dass sie nicht die ganze Welt retten müssen", betonte die Pastorin. "Es ist wichtig den Punkt zu erkennen, an dem professionelle Hilfe nötig ist." Das gelte auch im seelsorgerlichen Gespräch mit Lehrer-Kollegen: Auch hier gehe es oft um Trauer, Trennung oder fehlende Wertschätzung. Neben den jetzt beauftragten ehrenamtlichen Seelsorgern arbeiten an manchen Schulen auch Schulpsychologen oder Sozialarbeiter.