Evangelische Bildungsexpertin Dr. Kerstin Gäfgen-Track im Gespräch mit Martina Schwager (epd)
Hannover (epd). Lehrer sollten nach Ansicht der evangelischen Bildungsexpertin Kerstin Gäfgen-Track den Fragen von Schülern zu Terroranschlägen und -drohungen derzeit genügend Raum geben. Das könne durchaus in jedem Unterrichtsfach geschehen, sagte die hannoversche Oberlandeskirchenrätin in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Schüler besprechen solche Themen eher mit einem Lehrer, zu dem sie Vertrauen haben."
De Auswirkungen der Anschläge seien in allen Medien und sozialen Netzwerken täglich präsent. Deshalb könne es auch sinnvoll sein, dass Lehrer von sich aus das Thema ansprächen, betonte Gäfgen-Track: "Für eine tiefergehende und fundierte Beschäftigung etwa mit dem Thema Gewalt in Religionen sollte man aber warten, bis die erste große Welle der Aufregung abgeebbt ist."
Lehrer dürften allerdings mögliche Ängste der Schüler nicht noch dadurch verstärken, dass sie eigene Ängste in die Diskussion einbrächten, warnte die Oberlandeskirchenrätin: "Vielmehr wäre es hilfreich, wenn sie den Kindern und Jugendlichen Mut und Hoffnung machen." Pädagogen sollten deutlich machen, dass Unsicherheit, Sterben und Tod Teile des Lebens seien.
"Es kommt jetzt darauf an, den Hype um die Terrorgefahr nicht noch zu verstärken", sagte Gäfgen-Track. Kinder müssten genau wie Erwachsene lernen, mit Ängsten und Krisen umzugehen. "Denn Leben ist immer wieder bedroht, zum Beispiel auch im Straßenverkehr oder durch Krankheiten." Lehrer und alle Erwachsenen seien aufgefordert, zu erzählen, was ihnen persönlich Sinn und Halt im Leben gibt. "Nicht bei der Angst stehenbleiben, sondern mit den Schülern überlegen, wie es gemeinsam weiter gehen kann."
Im Umgang mit Muslimen müssten die Lehrkräfte derzeit besonders sensibel seien, betonte die Theologin. Wenn muslimischen Schüler feindselig oder mit Vorurteilen begegnet werde, müsse das offen angesprochen werden. Lehrer sollten allen Schülern deutlich machen, dass das Fremdsein in einer Gruppe oder in einem Land wechselseitige Ängste auslöse. Wenn sie hingegen radikale Einstellungen bei Schülern bemerkten, sollten sie sich auf jeden Fall Hilfe suchen, etwa bei der niedersächsischen "Präventionsstelle gegen neo-salafistische Radikalisierung" in Hannover. (20.11.15)