Brief der Leitenden Geistlichen der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen
Sehr geehrte Damen und Herren!
120 Ja-Stimmen, 20 Nein-Stimmen, 17 Enthaltungen – damit hat der niedersächsische Landtag am 19. Juni kurz vor den Sommerferien den Reformationstag als neuen gesetzlichen Feiertag beschlossen. Dieser klaren Entscheidung gingen jahrelange und teils leidenschaftliche Debatten voraus.
Nun stehen wir als evangelische Kirchen in Niedersachsen vor der Herausforderung, den 31. Oktober als religionsübergreifenden, ökumenischen und weltoffenen Feiertag zu gestalten. Ein zentraler Gedanke für uns ist: Wir wollen keine Luther- oder Konfessionsfestspiele, sondern ein Nachdenken über die Zukunft unserer Gesellschaft. Leitlinien und Ziele sind: Wir setzen uns mit den theologischen und gesellschaftlichen Impulsen der Reformation kritisch auseinander, aber auch mit ihren Irrtümern. Wir kommen über unser gesellschaftliches Mitei-nander ins Gespräch und über die Frage, was die Kirchen und auch die anderen gesellschaftlichen und religiösen Gruppen dazu beitragen können. Der neue Feiertag soll ein Feiertag aller Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen sein. Dahinter steht die Überzeugung, dass alle Kulturen ebenso wie alle gesellschaftli-chen und religiösen Institutionen kontinuierlich auf „Reformation“, auf Erneuerung, Verbesserung und Umgestaltung, angewiesen sind.
Den Schulen kommt dabei eine besondere Rolle zu. Sie sind eine ideale Plattform, um fächerübergreifend die bis heute gesellschaftlich wirksamen Themen und Werte der Reformation zu diskutieren, zum Beispiel: Wie erreichen wir mehr Bildungsgerechtigkeit; was bedeutet Freiheit angesichts zunehmender Digitalisierung oder auch im Blick auf Flucht und Migration; wie können wir neue soziale Impulse für das Dorf oder den Stadtteil geben?
An etlichen Schulen gibt es bereits Schulgottesdienste zum Reformationstag. Diese Gottesdienste können nun in den Tagen vor oder nach dem Reformations-fest gefeiert werden. An anderen Schulen werden entsprechende Themen im Unterricht oder an speziellen Projekttagen behandelt. Wir bitten Sie, den neuen Feiertag und die mit ihm verbundenen Themen in Ihrer Schule (weiter) aufzugreifen und dabei seine gesellschaftliche Bedeutung zu entfalten. Es wäre schön, wenn dies auch in Zusammenarbeit mit den örtlichen Kirchengemeinden gelänge. (....)
Unser Ziel ist es, den Reformationstag fröhlich, offen, ökumenisch und interreligiös mit Blick auf die zentralen Fragen unserer Gesellschaft zu begehen. Dafür wünschen wir Ihnen gute Ideen für Ihre Schule.
Wir danken Ihnen, dass Sie sich dieser und vielen anderen Aufgaben im Religionsunterricht und an der Schule insgesamt stellen und die Frage von Glauben und Leben an der Schule offenhalten. Für das neue Schuljahr wünschen wir Ihnen bereichernde Erfahrungen in Ihrem Dienst und einen lebendigen, fruchtbaren Di-alog mit Ihren Schülerinnen und Schülern.
Der Segen Gottes behüte Sie auf Ihren Wegen.
Ralf Meister, Thomas Adomeit, Dr. Martin Heimbucher,
Dr. Karl-Hinrich Manzke, Dr. Christoph Meyns