Bild: kloster-bursfelde.de

„Pilgern – das ist für mich Freiraum und Fortbildung in einem“

10. September 2019

Interview mit Lena Sonnenburg, Dozentin für den Bereich Grundschulen am RPI Loccum.

Am Beginn der Herbstferien machen sich einige Lehrkräfte unter der Leitung von Lena Sonnenburg auf, um ein Stück des Pilgerwegs Loccum – Volkenroda zurückzulegen. In neun Tagen will die kleine Gruppe bis nach Amelungsborn pilgern. Im Interview verrät Lena Sonnenburg, Dozentin für den Bereich Grundschulen am RPI Loccum, wie es dazu kam.

Eine Pilgertagung – das klingt spannend. Aber was unterscheidet Pilgern vom Wandern?

Lena Sonnenburg (LS): Wandern ist ja in erster Linie eine sportliche Aktivität. Pilgern hingegen hat etwas mit dem Glauben zu tun: Man geht dahin, wo andere Menschen Glaubenserfahrungen gemacht haben, wo man also sagen kann: Hier ist mit dem Glauben schon mal was passiert. Und durch das Gehen, also durch die eigene körperliche Bewegung, bewegt sich dann auch was im Geist.

Was erhoffst du dir von dieser Pilgertour? Welche Erfahrungen möchtest du gerne machen?

LS: Erstmal erfährt man natürlich seinen Körper ganz neu. Man spürt Muskeln, von denen man vorher gar nicht wusste, dass man sie hat. Aber mir geht es auch um Glaubensstärkung – einerseits in Bezug auf meinen ganz persönlichen eigenen Glauben und andererseits in Bezug auf den der Teilnehmer*innen. Bei so einer Pilgertour entsteht ganz natürlich und wie von selbst ein Gemeinschaftsgefühl. Und es wird jeden Morgen einen kleinen Arbeitsauftrag geben, der einen durch den Pilgertag begleiten soll.

Was für ein Auftrag kann das sein?

LS: Eine Aufgabe wird zum Beispiel lauten, die Schöpfung einmal genau zu beobachten und die Tiere wahrzunehmen, denen wir begegnen und an denen man sonst vielleicht eher achtlos vorbeigeht. Oder man soll sich Gedanken darüber machen, was einen eigentlich sorgt und was einen stärkt. Ein anderer Auftrag könnte es sein, sich über Gott auszutauschen.

Wie kann man sich auf eine Pilgertour vorbereiten?

LS: Auf jeden Fall muss man sich körperlich fit machen, also irgendeinen Ausdauersport treiben. Wir laufen schließlich jeden Tag mindestens zwölf Kilometer, die längste Tagesetappe beträgt sogar 28 Kilometer. Das sind schon ganz schöne Strecken, die man da zurücklegt. Deshalb mein Tipp: Wer in den Herbstferien pilgern will, sollte sich jetzt schon jeden Tag die Füße mit Hirschtalg einschmieren, damit sie schön geschmeidig werden.

Wie bist du auf die Idee gekommen, eine Pilgertagung am RPI Loccum anzubieten?

LS: Die Landeskirche hat für 2019 ja das Jahr der Freiräume ausgerufen. Und ich finde, eine Pilgertagung ist Freiraum und Fortbildung in einem. Denn beim Pilgern steht der eigene Glaube im Mittelpunkt. Und dieser Glaube ist ja etwas, worüber jede Lehrkraft auskunftsfähig sein muss. Immer wieder werde ich ja von meinen Schülerinnen und Schülern gefragt, was ich eigentlich glaube… Diese Pilgertagung soll den einzelnen helfen, genau solche Fragen für sich selbst beantworten zu können, im Glauben gestärkt zu werden und neue Glaubensimpulse zu bekommen.

Ganz praktisch: Wenn ich mitpilgern will, was muss ich mitnehmen?

LS: Am besten so wenig wie möglich. Zwei Garnituren Unterwäsche müssten eigentlich reichen (lacht). Wir übernachten meist in Hotels, einmal auch in einer Grillhütte oder einem Heuhotel. Da ist also vorgesorgt. Deshalb sollte der Rucksack möglichst leicht sein. Das Wichtigste ist aber das Schuhwerk. Das sollten gute Schuhe sein, eingelaufen und fest.

Was ich mich frage: Pilgern in der Gruppe – geht das eigentlich? Ist Pilgern nicht etwas, was man eher allein macht?

LS: Naja, es wird sich sowieso so einpendeln, dass jeder sein eigenes Tempo findet. Als Gruppe trifft man sich tagsüber höchstens zwischendurch an verabredeten Markierungspunkten. Aber es ist schön, sich abends mit den anderen über die Erfahrungen und Erlebnisse des Tages austauschen zu können. Schließlich sind alle mit den gleichen Fragen unterwegs. Und manchmal findet man auch tagsüber jemanden, der eine Zeitlang neben einem herläuft.

Jetzt habe ich fast Lust bekommen mitzupilgern. Ist noch ein Platz frei?

LS: Nein, leider sind wir mit zwölf Teilnehmer*innen ausgebucht. Aber ich überlege schon jetzt, ob wir nicht in zwei Jahren wieder so eine Pilgertagung anbieten. Frag mich nochmal, wenn wir zurück sind…

Liebe Lena, vielen Dank für das Gespräch. Ich wünsche dir eine erfahrungsreiche Pilgertagung.

Die Fragen stellte Michaela Veit-Engelmann, Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit am RPI Loccum. September 2019

Der Weg ist das Ziel: Lena Sonnenburg und ihre Gruppe pilgern vom Kloster Loccum (Kreis Nienburg, Foto) zum Kloster Volkenroda (Thüringen).