Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Religionslehrkräfte,
hinter uns liegen außergewöhnliche und anstrengende Monate. Als Lehrkräfte wurden Sie in besonderer Weise herausgefordert. Immer wieder mussten Sie auf sich ständig verändernde schulische Situationen reagieren: Homeschooling und die digitale Gestaltung des Unterrichts, intensiver Kontaktaufbau zu Schülerinnen und Schülern und teils zu Eltern, neue Unterrichtsmaterialien erstellen und sich auf die häufig verändernden Erlasse einstellen. In den Wochen vor den Sommerferien begann dann
schrittweise der Präsenzunterricht wieder, in kleinen Lerngruppen, tage- oder wochenweise und verbunden mit umfassenden Hygienekonzepten; mit den gewohnten Unterrichtsformaten hatte das nichts mehr zu tun.
Neben den beruflichen Herausforderungen galt es für Sie auch in Ihrem persönlichen Umfeld umfassende Einschränkungen Ihrer persönlichen Freiheit hinzunehmen. Sie standen und stehen bis heute vor der Herausforderung, Beruf und Familie unter diesen extremen Bedingungen miteinander zu vereinbaren. Wir haben großen Respekt vor dem, was Sie in den vergangenen Monaten geleistet haben und danken Ihnen für Ihren Dienst.
Von Mitte März bis heute konkurrieren verschiedene Haltungen miteinander. Auf der einen Seite steht die Freiheit des Einzelnen, auf der anderen Seite das Gemeinwohl mit dem Schutz des Lebens der besonders gefährdeten Menschen.
Die Entscheidung, die Freiheit des Einzelnen drastisch einzuschränken, um möglichst viele Menschenleben zu schützen bzw. zu retten, wurde von einer überwältigenden Mehrheit unserer Gesellschaft mitgetragen. Sicherlich war nicht jede Verordnung, die von den politischen Verantwortlichen in den vergangenen Monaten erlassen worden ist, angemessen. Doch Entscheidungen dieser Tragweite hat angesichts einer Pandemie auch noch niemand in den letzten Jahrzehnten fällen müssen. Mit dem Abstand von einigen Monaten zeigt sich, dass die Grundrichtung der Maßnahmen in unserem Land richtig gewesen ist.
Mittlerweile erleben wir aber auch, dass die Solidarität der letzten Monate feine Risse bekommt. „Die Frage ist nicht, ob die vom Gesetz vorgesehenen Maßnahmen streng sind, sondern ob sie nötig sind,“ schrieb Albert Camus in „die Pest“ im Jahr 1947. Nur wenn es gelingt, die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie als sinnvolle Interventionen
plausibel zu machen, wird die Solidarität weiter aufrechterhalten werden können.
Es ist wichtig, Folgerungen für den weiteren Umgang mit der Pandemie zu ziehen. Wie weit darf die persönliche Freiheit des einzelnen Menschen beim Anstieg der Infektionsraten erneut eingeschränkt werden? Dabei geht es nicht um Urlaubsreisen in ferne Länder, um große Konzerte oder Sportveranstaltungen. Es geht um die Rechte von alten Menschen und Sterbenden auf soziale Kontakte und eine menschenwürdige Begleitung. Und um das Recht auf Bildung und damit auf regelmäßigen Schulunterricht
ebenso wie auf das Zusammensein mit Gleichaltrigen; um Kontakt und Kommunikation.
Hier Lösungen zu entwickeln und Entscheidungen zu treffen, wird eine große Aufgabe sein. Als Lehrkräfte werden Sie in besonderer Weise beansprucht sein und nach Orientierung gefragt. Welches ist der richtige, welches der falsche Weg? Wissen zu vermitteln, welches die Grundlage bietet für nachvollziehbare Entscheidungen, ist das Gebot der Stunde. Sie sind es, die in dieser Aufgabe ihre Profession haben. Wir brauchen vernünftige und glaubwürdige Vermittlung der verlässlichen Fakten, um verantwortlich Handelnde zu sein. Nur so bleiben wir widerständig gegen jede Form von kruden Theorien und autoritäre, antidemokratische Bewegungen.
Gerade der Religionsunterricht ist der Ort an Schule, an dem die Fragen nach Sinn und Orientierung, nach Gesundheit und Krankheit, Angst und Hoffnung thematisiert werden, die die Schülerinnen und Schüler ebenso beschäftigen wie die Erwachsenen. In dieser Situation der Ungewissheit und Unsicherheit sind Sie als Religionslehrkräfte in besonderer Weise gefordert, mit Ihren Schülerinnen und Schülern gemeinsam nach Wegen durch die Krise zu suchen. Wir wünschen Ihnen, dass Sie sich in den kommenden Monaten dabei immer wieder auf Ihre besonderen Talente und Gaben verlassen können, und ermutigen Sie ausdrücklich zu diesem besonderen Dienst an der Schule. Und bleiben Sie barmherzig
mit sich selbst und mit anderen Menschen in diesen anstrengenden Zeiten.
Auch wir als Kirche suchen nach Antworten auf die vielfältigen Herausforderungen und befragen unsere Rolle als Akteur in der Zivilgesellschaft. Sind wir glaubwürdig als Zeuginnen und Zeugen des Evangeliums in einer Welt, die Hoffnung und Trost sucht?
Mit Blick auf Schule ist uns das Gespräch mit Ihnen deshalb wichtig und wir werden Ihnen Angebote machen von neuen Unterrichtsmaterialien, über neue (digitale) Fortbildungsformate bis hin zu seelsorglicher Begleitung. Kommen Sie gerne auf „Ihre Kirche“ zu; wir werden unserseits Kontakt mit Ihnen suchen. Uns leitet und tröstet die Hoffnung in Christus.
„Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“ (2. Timotheus 1, 7). Diesen Geist Gottes wünschen wir Ihnen.
Bleiben Sie behütet.
Ihre
Ralf Meister Thomas Adomeit Dr. Christoph Meyns
Dr. Martin Heimbucher Dr. Karl-Hinrich Manzke
August 2020