Landesbischof Ralf Meister im Gespräch mit Leiter*innen der Religionspädagogischen Institute aus ganz Deutschland
Wie ist es um die Zukunft des Religionsunterrichts bestellt? Diese Frage stand im Mittelpunkt der jährlichen Konferenz der Leiter*innen der verschiedenen religionspädagogischen Institute aus ganz Deutschland, die jetzt in Loccum tagte. Besonderer Gast bei dem Treffen im Religionspädagogischen Institut Loccum (RPI) war Ralf Meister, Landesbischof der hannoverschen Landeskirche.
Auf großes Interesse stießen seine Ausführungen zu der Absicht der evangelischen und katholischen Kirchen in Niedersachsen, einen gemeinsam verantworteten Christlichen Religionsunterricht (CRU) einzuführen. „Wir müssen den Mut haben zum Strukturbruch, um etwas zu bewegen“, betonte Meister. Dabei wäre es allerdings naiv zu behaupten, dass der CRU das Universalmodell für alle sei. „Der CRU ist ein guter Versuch für Niedersachsen, aber ich bin neugierig auf alle anderen Versuche.“
Niedersachsen kann hier neben Hamburg durchaus als Vorreiter bezeichnet werden: In Hamburg diskutiert man über die Weiterentwicklung des „Religionsunterrichts für alle“, in anderen Bundesländern hingegen bestehen noch nicht einmal flächendeckend konfessionelle Kooperationen. „Gerade aufgrund der Unterschiedlichkeit der Perspektiven und der Vielschichtigkeit der Erfahrungen erhoffe ich mir von dieser Tagung einen fruchtbaren Austausch und die Wahrnehmung neuer Aspekte“, sagte PD Dr. Silke Leonhard, als Rektorin des RPI Loccum zugleich Gastgeberin der Veranstaltung.
Alle Reformversuche setzten, so betonten die Teilnehmenden, die Bereitschaft zu Veränderungen voraus. Dr. Ekkehard Steinhäuser, Institutsdirektor aus Erfurt, bemerkte allerdings kritisch: „Wenn in der Kirche über Reformen geredet wird, wird immer gleich der Mörtel angerührt. Will die Kirche eigentlich wirklich mithalten mit der Geschwindigkeit der Veränderung?“
Grundsätzlich, da waren sich die Beteiligten einig, könne die Bedeutung des Religionsunterrichts für kirchliche Belange gar nicht überschätzt werden. Der Institutsdirektor Hans-Ulrich Keßler aus der Nordkirche ist überzeugt: „Der Religionsunterricht ist eine der größten Erfolgsgeschichten der Kirche.“ Prof. Dr. Gotthard Fermor aus der rheinischen Kirche bezeichnete die religionspädagogischen Institute als „seismographische Institutionen“, weil hier sehr sensibel wahrgenommen werden könne, welche gesellschaftlichen Veränderungen anstünden.
Dies griff der hannoversche Landesbischof gerne auf: Die Kirche sei gut beraten, schulische Kontexte wahrzunehmen und die Lehrkräfte anzuhören. Denn hier bilde sich jener Querschnitt der Gesellschaft ab, in der die Kirche eine Rolle spielen wolle. „Wir wollen nicht aufhören, über unseren Glauben zu reden. Doch wo sind die Orte, wo man auf uns hört? Und welche Chance bieten die aktuellen Veränderungsprozesse, um weiterhin unserem gesellschaftlichen Auftrag gerecht zu werden?“, fragte Meister. In den vergangenen Jahren seien zum Beispiel Einschulungsgottesdienste als neue Kasualie (kirchliche Amtshandlungen aus besonderem Anlass) entstanden. „Das boomt richtig!“, unterstrich Meister. Diese Gottesdienste, bei denen oft auch nichtchristliche Schüler*innen teilnehmen würden, seien die perfekte Schnittstelle von Kirche und Schule.
Eine andere solche Schnittstelle seien die Vokationstagungen am RPI Loccum, ergänzte Silke Leonhard. Bei diesen Treffen, bei denen Religionslehrkräfte die Unterrichtsbestätigung der Kirche erwerben können, „besteht die Chance für eine Begegnung zwischen Kirchenleitungen und Lehrkräften. So stärkt die Kirche zum einen den Lehrkräften den Rücken, zum anderen nimmt sie deren Belange face to face wahr.“
Text: Dr. Michaela Veit-Engelmann, RPI Loccum
Foto: © Lothar Veit / RPI Loccum