Das Religionspädagogische Institut Loccum und die Evangelische Akademie Loccum präsentieren vom 18. März 2022 bis zum 10. Juli 2022 Werke des Pastors und Künstlers Axel Kawalla. Im Interview erzählt der Künstler, welchen aktuellen Bezug diese Ausstellung hat und was ihm bei seinen Bildern besonders wichtig ist.
Herr Kawalla, die aktuelle Ausstellung hier in Loccum heißt „Flüchtiges“. Das weckt vielfältige Assoziationen. Welche sind Ihnen wichtig?
Axel Kawalla: Die Ausstellung umfasst drei verschiedene Werkgruppen, zu jeder lässt sich eine andere Beziehung herstellen. Die Arbeiten auf der Galerie widmen sich dem Thema Abschied. Das sind Skizzen einer Sterbebegleitung aus meinem privaten Umfeld; das ist ein malerisches Nachdenken über Leben, das entschwindet und noch darin sehr viel Kraft entwickeln kann. Die eigene Endlichkeit wird dabei deutlich und die Flüchtigkeit von Momenten; aber auch, wie wertvoll einzelne Momente sein können.
Können Sie auch aktuelle Bezüge zum gegenwärtigen Krieg in der Ukraine herstellen?
Axel Kawalla: Das trifft besonders auf die Werkgruppe rund um die Kapelle zu. Auf dem Gang zur Kapelle sehen Sie leichte, fluffige Tuschezeichnungen. Manche davon sind nach Besuchen im Ballett entstanden. Aus ähnlichen Zeichnungen sind dann, zu einem viel ernsteren Thema, zwei große Arbeiten entstanden: Unter dem Eindruck der vielen Geflüchteten der letzten Jahre habe ich den Fries der Flüchtenden: „WEG – MENSCH – WEG“ gemacht. Ich habe oben begonnen und über die Szenen nachgedacht und dann habe ich eine Zeile von links nach rechts gezeichnet; dann, nach einer Pause, die nächste Zeile Geflüchtete von rechts nach links. Es war auch ein meditativer Akt, bei dem ich versuchte, mir die Unterschiedlichkeit der Menschen vorzustellen. Die großen Zahlen der Menschen sind ja kaum wahrzunehmen, geschweige irgendwie emotional zu verarbeiten.
Sie sind ja auch Pastor. Findet sich das in Ihren Bildern wieder?
Axel Kawalla: Als Pastor habe ich viel mit dem Thema Tod zu tun, doch als Künstler versuche ich mich davon freizumachen, alle Interpretationen aus dem Glauben heraus vorzunehmen. So habe ich in einigen Linolschnitten ein Motiv aus dem Lied „Komm, großer schwarzer Vogel“ von Ludwig Hirsch umgesetzt; da geht es um Jenseitsvorstellungen, aber das ist eben keine christliche Auferstehungshoffnung.
Wie sind Sie als Pastor zur Kunst gekommen?
Axel Kawalla: Ich habe schon als Kind gerne gemalt. Als Jugendlicher habe ich viel gezeichnet, aber ich war auch in der Kirchengemeinde aktiv. In der Oberstufe musste ich mich dann entscheiden: Wird das Kunst oder wird das Theologie? So ist beides bei mir immer präsent, wenn auch in unterschiedlicher Intensität.
Gibt es ein Bild innerhalb dieser Ausstellung, das Ihnen aktuell besonders viel bedeutet?
Axel Kawalla: Mit vielen Arbeiten bin ich noch stark verbunden und einige lese ich auch Jahre später noch wie ein gezeichnetes Tagebuch. „Immer liegen“ ist ein Linolschnitt, der entstanden ist nach Skizzen am Bett meiner Schwiegermutter. Ihre Gesten und Blicke und Hände in diesen Tagen habe ich noch immer vor Augen. Der gesamte Zyklus „VIER TAGE MARGARETE“ ist eine Art Dank und Liebeserklärung an diese Tage und das Leben und die Menschen, die diese Tage miteinander teilten.
Interview: Florian Kühl, Evangelische Akademie Loccum, und Michaela Veit-Engelmann, Religionspädagogisches Institut Loccum