Im Herbst 2022 haben die niedersächsischen Bistümer und (Landes-)Kirchen den intensiven Dialog- und Beratungsprozess zum Positionspapier der evangelischen und katholischen Schulreferentinnen und Schulreferenten „Gemeinsam verantworteter Christlicher Religionsunterricht“ offiziell abgeschlossen, ohne dass damit die Diskussion darüber, auch bundesweit, abgeschlossen wäre. Am Prozess waren und sind bis heute viele Akteur*innen aus Schulen, Studienseminaren, Kirchen und Universitäten beteiligt. Die Zustimmung und konstruktive Kritik, die dabei in Bezug auf die Entwicklung eines gemeinsam verantworteten christlichen Religionsunterrichts (CRU) differenziert vorgebracht wurden, haben dazu beigetragen, dass das Konzept des CRU noch weiter profiliert wurde und wird. Im Zuge dessen sind auch erste Überlegungen zur Zusammenarbeit mit orthodoxen und freikirchlichen Kirchen stärker als vorher in den Fokus gerückt. Das Gutachten von Prof. Poscher (Freiburg) im Mai 2022 hat die Frage der Verfassungsgemäßheit eines solchen Unterrichts und seine Übereinstimmung mit Art. 7.3 GG grundsätzlich bejaht. Entscheidend ist dabei, dass die Mehrheit der Bekenntnisinhalte dieses Unterrichts von beiden Konfessionen geteilt werden (sog. „gemeinchristliche Inhalte“).
Aufgrund der Zustimmung der Bischöfe und Leitenden Geistlichen sowie anderer kirchenleitender Organe aller acht beteiligten Bistümer und (Landes-)Kirchen sind beide Kirchen auf das Land zugegangen und haben sowohl das Kultusministerium als auch das Ministerium für Wissenschaft und Kultur um die Aufnahme von Verhandlungen über die Einführung des Faches Christliche Religion gebeten.
Dazu fanden im Frühjahr dieses Jahres erste offizielle Gespräche zwischen Vertreter*innen beider Kirchen und dem Land statt; diese werden jetzt im Herbst fortgesetzt. Zu klären sind immerhin, wie es Kultusministerin Hamburg kürzlich gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (Link zum Interview) sagte, „Fragen von Verfassungsrang“. Zu juristischen, religionspädagogischen und theologischen Fragen sind in den vergangenen Monaten erneut Einschätzungen von Expert*innen eingeholt worden. Es wurde in ersten kirchlich verantworteten Arbeitsgruppen überlegt, welche Auswirkungen die Einführung dieses Faches auf die konkrete Gestaltung des Religionsunterrichts insgesamt sowie auf die Aus-, Fort- und Weiterbildung hat. Ziel ist es, diesen Unterricht so gut wie möglich inhaltlich, pädagogisch und didaktisch aufzustellen. Es ist zugleich Konsens, dass das Studium weiterhin auch in Niedersachsen für Evangelische oder Katholischen Religion qualifiziert, um den Lehrkräften, die in Niedersachsen ausgebildet werden, die Möglichkeit eines Bundeslandwechsels offen zu halten. Auch zwischen den beiden beteiligten Konfessionen finden aktuell weitere Verständigungsprozesse statt, z.B. hinsichtlich der Anerkennung und Angleichung von evangelischer Vokation und katholischer Missio canonica oder der Begleitung angehender Lehrkräfte durch ein kirchliches Mentorat.
Vom Land erreichte die Kirchen bereits das Signal, dass man an einer Einführung des CRU zum Schuljahr 2025/2026 festhalten wolle. Im Vorfeld gilt es nun, dafür neue Curricula zu entwickeln und Unterrichtsmaterialien zu gestalten, damit die Lehrkräfte auf diesen Neustart des Religionsunterrichts gut vorbereitet sind. Daran werden sich selbstverständlich auch die Kirchen gerne beteiligen. Ein breites (kirchliches) Fortbildungsangebot mit dem Fokus auf den gemeinsamen christlichen Bekenntnisinhalten und den differenten konfessionsspezifischen Inhalten dieses Unterrichts kann diese Arbeit flankieren.
Hannover, 14. September 2023 OLKR’n Dr. Kerstin Gäfgen-Track