Ein gemütliches Sofa, Brettspiele, eine Kochnische – fertig ist der Jugendraum? Das war vielleicht früher so. Heute gehören auch stabiles Internet, ein Beamer oder Bluetooth-fähige Lautsprecher dazu. Auf Wunsch des Jugendteams der Evangelischen Jugend hat die Corvinus-Kirchengemeinde Nienburg-Erichshagen ihr Gemeindehaus technisch ins 21. Jahrhundert gebeamt. Möglich wurde dies durch Zuschüsse aus dem Förderprogramm „Räume“ der Landeskirche.
Für viele Gemeinden ist es schwierig, nach Corona die Jugendarbeit neu in Schwung zu bringen. „Bei uns läuft es wieder super an“, freut sich Andreas Iber, Pastor in Erichshagen. „Beim letzten Jugendtreff waren 43 Leute da.“ Mit der neuen Technik sind zum Beispiel regelmäßige Filmabende geplant – Spiele, ein Sofa (Spende des örtlichen Möbelhändlers) und ein analoger Tischkicker gehören natürlich trotzdem zum Inventar. Doch auch die spontane Internetrecherche bei Teamsitzungen ist dank der W-Lan-Verbindung kein Problem mehr.
Eine Besonderheit: In Erichshagen gibt es nur ein Gemeindehaus mit drei Räumen für alle. „Für den Jugendtreff nehmen die Jugendlichen das ganze Gemeindehaus in Besitz“, sagt Andreas Iber. „Und hinterher räumen alle gemeinsam auf.“ Konflikte mit anderen Gruppen habe es bislang nicht gegeben. Der Kirchenvorstand möchte einen Schwerpunkt auf Jugendarbeit legen. Das trägt Früchte: 35 bis 40 Prozent der Konfirmierten kommen zum Jugendtreff. Die Aufbruchstimmung wiederum strahlt auf die restliche Gemeinde aus. Für die kommende Kirchenvorstandswahl stehen elf Kandidierende zur Verfügung, weit mehr als erforderlich.
Bereits seit Ende 2021 gibt es das Förderprogramm „Räume“, seitdem sind knapp 100 Anträge eingegangen. Neben der Umgestaltung oder Renovierung von Jugendräumen geht es auch um technische Neuerungen oder beispielsweise Bauwagen für mobile Jugendarbeit. Bis zu 3.000 Euro gibt die Landeskirche dazu, ein Vergabeausschuss (bestehend aus Mitgliedern der Landessynode, der Landesjugendkammer, des Landesjugendpfarramtes und des Landeskirchenamtes) entscheidet über die Bewilligung der Anträge. Ein Viertel der Gesamtkosten müssen die Gemeinden aus Eigenmitteln, Spenden oder weiteren Zuschüssen aufbringen.
„Die Jugendarbeit soll in ihrer Vielfalt vor Ort unterstützt werden“, sagt Daniel Küchenmeister, Referent im Landesjugendpfarramt und zuständig für das Förderprogramm „Räume“. Dabei sei es wichtig, dass Jugendliche selbst beteiligt sind: beim Ideen entwickeln, renovieren, einkaufen. „Manche schreiben sogar einen eigenen Antrag“, sagt Küchenmeister. „Und wir stimmen der Förderung auch nur dann zu, wenn die Jugendlichen selber einen oder mehrere Schlüssel haben.“
Unter dem Projekttitel „Büdchen für den Jugendtreff“ hat die Kirchengemeinde Timmel in Ostfriesland Fördermittel beantragt. Die Jugendlichen hatten im Rahmen der Umgestaltung des Dorfplatzes eine alte, kleine Verkaufsbude geschenkt bekommen. „In den Sommermonaten bietet der Dorfverein monatliche Backtage im alten Backhaus an und der Jugendtreff hatte die Versorgung der zahlreichen Wartenden übernommen“, berichtet Pastor Lars Kotterba, der das Projekt begleitet. „Der Verkauf startet normalerweise um 14 Uhr, wer aber nicht bis 13 Uhr vor Ort ist, geht meist leer aus – jedenfalls bei gutem Wetter.“
Ende September begannen die Jugendlichen mit den Renovierungsarbeiten. „Leider war der Zustand der Bude doch wesentlich schlechter als erwartet“, sagt Kotterba. So wurde aus der Renovierung eher eine Sanierung. Doch mit vereinten Kräften, sachkundiger Hilfe von Experten, viel kleinteiliger Handarbeit und Arbeit bis in die Dunkelheit ist nun der Umbau fast geschafft. „Jetzt geht es an Details wie den Außenanstrich und die Gestaltung eines Logos“, freut sich der Pastor, „damit deutlich wird, wessen Büdchen hier im Zentrum des Dorfs einen festen Stand gefunden hat und das Dorfleben bereichern soll.“ Wenn alles gut läuft, soll das Büdchen zur Krönung sogar noch eine Mini-Photovoltaik-Anlage aufs Dach bekommen. Auch hier ist fachmännische Hilfe garantiert: Lars Kotterba arbeitet seit kurzem als Referent für Umwelt- und Klimaschutz mit Schwerpunkt Photovoltaik im Haus kirchlicher Dienste.
Die Gründung einer Gesamtkirchengemeinde war für die Evangelische Jugend in Syke, Barrien und Heiligenfelde Anlass, den Jugendraum zu renovieren, aus Paletten neue Sitzmöbel zu bauen und ein neues Beleuchtungskonzept zu entwickeln. Gemeinsam mit Diakonin Gianna Leja machten sich die Jugendlichen ans Werk und drehten nebenbei einen Film über den Fortschritt ihrer Arbeit. „Durch die Gesamtkirchengemeinde wurden auch die Jugendgruppen zusammengeführt, es kommen also mehr als vorher“, sagt die Diakonin. „Damit sich alle wohlfühlen und niemand mehr auf unbequemen Stühlen sitzen muss, war das unser erstes gemeinsames Projekt.“
Oberlandeskirchenrätin Kerstin Gäfgen-Track freut sich über die große Resonanz. Sie leitet die Bildungsabteilung im Landeskirchenamt, die die Gelder bereitstellt: „Das ist ein sehr gelungenes Förderprogramm, weil es so niedrigschwellig angelegt ist. Es ermöglicht jungen Menschen, Räume selbst zu gestalten und mit Leben zu füllen. Vor allem spricht es auch Jugendliche an, die sich handwerklich betätigen wollen – sie können die Ergebnisse ihrer Arbeit hinterher direkt sehen.“
Lothar Veit, Evangelische Medienarbeit | EMA