Bild: Jens Schulze

Lektorin Laura Brand will junge Menschen wieder für die Kirche begeistern

03. August 2024

2021 hat Laura Brand ihr Abi am Schiller Gymnasium in Hameln gemacht. Noch im selben Jahr beginnt die heute 21-jährige ihr Studium Deutsch und Evangelische Theologie an der Leibniz Universität in Hannover für das Lehramt an Gymnasien. Für 2025 ist der Master-Abschluss geplant. „Das Studium formt mich auch persönlich“, berichtet die zukünftige Religionslehrerin. Parallel dazu engagiert sie sich ehrenamtlich als Lektorin in der Marienkirche Aerzen. 

Mal Maria, mal der Verkündigungsengel
 „Ich bin hier verwurzelt und hatte schon immer einen Fuß in der Kirche“, sagt Laura Brand von sich selbst. Dank Mutter Katja gibt es so etwas wie eine kleine Familientradition. „Sie hat hier in Aerzen gemeinsam mit Jessica Dieckhoff zehn Jahre die Kinderkirche gestaltet und zu Weihnachten die Krippengeschichte mit bis zu 30 Kindern inszeniert.“ Klein-Laura war dann mal Maria und mal der Verkündigungsengel. Ihre Beschäftigung mit dem Glauben begann so bereits im frühen Kindesalter. Kaum konfirmiert, unterstützt Laura Aktionen für und mit Konfirmanden. „Ich habe sie beim Unterricht begleitet und später auch auf Konfi-Freizeiten.“ Der Religionsunterricht in der Schule und eine begeisternde Religionslehrerin in einer tollen Lernatmosphäre im Religions-Leistungskurs ebnen Laura den Weg ins Studium. Gleichzeitig engagiert sie sich weiter in ihrer Kirche – unter anderem bei Vorstellungs- und Begrüßungsgottesdiensten.   

Lauras Premiere als Lektorin in Aerzen
2022 nimmt die angehende Religionslehrerin während des Studiums ein Angebot des Mentorats für Lehramtsstudierende in Kooperation mit der Lektoren- und Prädikantenarbeit der Landeskirche wahr – eine Ausbildung zum Lektorendienst mit Abschluss im April 2023. 2,5 Stunden pro Woche lernt sie ein halbes Jahr lang, wie man Andachten, Jugend- und Schulgottesdienste gestaltet. Nachdem sie von der Superintendentin für Gottesdienste in der Evangelischen Studierendengemeinde in Hannover eingesegnet wurde, beschließt Laura Brand für ihre Heimatgemeinde tätig sein zu wollen. Sie schließt ein Mentorat bei Pastor Christof Vetter an. In Aerzen hat sie dann auch ihre Premiere beim Verlesen als Lektorin. Pastor Christof Vetter freut sich darüber, dass in der Aerzener Kirchengemeinde gleich fünf Lektorinnen und Lektoren engagiert sind: „Die fünf bringen sehr unterschiedliche Lebensphasen zwischen Studium und Ruhestand mit ein. So sind neben Laura Brand Menschen zwischen Studium und Ruhestand dabei. Das zeigt auch, wie vielfältig das Leben in unserer Kirchengemeinde ist.“

Lesungen und Gebete im Gottesdienst  
Das Wort Lektor stammt vom lateinischen lector, zu Deutsch Vorleser. Der Begriff bezieht sich auf Laien mit theologischer Grundbefähigung wie Laura Brand, die in evangelischen Kirchen an der öffentlichen Verkündigung des Wort Gottes beteiligt sind. Dabei geht es um Lesepredigten, die man nicht selber schreiben, aber sich aneignen muss, damit sie zu einem selbst und zur Situation der Gemeinde passen. Das wird in der Ausbildung zum Lektor unterrichtet und ausprobiert. Auch wird in Lektorenkursen die passende Auswahl von Liedern, das Schreiben von Gebeten, das liturgische Singen und Segnen gelehrt. So können Lektoren nach ihrer Einführung die Verantwortung für einen Gottesdienst mit angeeigneter Lesepredigt übernehmen. All‘ das hat auch Laura Brand gelernt. Nach der Lektoren-Ausbildung und zwei Jahren der Erfahrung kann man sich um einen Platz in der Prädikantenausbildung bewerben. Da liegt dann der Schwerpunkt auf dem Verfassen einer eigenen Predigt.   

Zusammenhang von Lektor mit „Priestertum aller Getauften“
Hinter dem Bild des Lektors steht der von Martin Luther geprägte Begriff des „Priestertums aller Getauften“. Diesen begründet er 1520 in Abgrenzung zum römischen Priestertum in einer reformatorischen Hauptschrift „An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung“. Luther schreibt darin: „Alle Christen sind wahrhaft geistlichen Standes und ist unter ihnen kein Unterschied des Amts halben allein. Demnach werden wir allesamt durch die Taufe zu Priestern geweiht.“ 1523 nimmt Luther den zweiten Satz in seiner Auseinandersetzung mit radikal-reformatorischen Gruppierungen wie den Spiritualisten und Täufern teilweise zurück. Er verweist auf die Unableitbarkeit des Predigtamtes, auf die Bibel und die kirchliche Tradition. Die Kirchenordnungen der neu entstehenden lutherischen Landeskirchen folgen Luthers Sichtweise mit klaren Ämter- und Ordinationsbestimmungen.   

Kinder und Jugendliche inspirieren Laura Brand
Heute bedeutet das „Priestertum aller Getauften“ in der evangelischen Kirche vor allem, dass alle Gläubigen eine unmittelbare und persönliche Beziehung zu Gott haben. Gleichzeitig ist damit aber auch gemeint, dass das öffentliche Predigtamt mit dem Pastor noch keinen Weihestand festlegt. Für Laura Brand ist etwas anderes viel wesentlicher: „Mir ist es ein Herzensanliegen junge Menschen wieder für die Kirche zu begeistern. Als Lehrerin freue ich mich darauf, mit Kindern und Jugendlichen in einen offenen Dialog über Religion und Glauben zu treten. Das inspiriert und bereichert mich.“ Am Sonntag, 22. September, steht sie ab 10 Uhr auf der Kanzel der Marienkirche in Aerzen. 

Wie man Lektor oder Lektorin wird
Werktags Gärtner, Studierender oder Richterin – sonntags im Gottesdienst eine Lesepredigt vortragen, Gebete formulieren und Lieder auswählen: Ehrenamtlicher Lektor oder ehrenamtliche Lektorin zu werden ist kein Hexenwerk. Als Amateure – als Liebhaber – leiten und feiern sie Gottesdienste mit der Gemeinde. Inzwischen gibt es fast 2.000 Ehrenamtliche, die als Lektoren und Lektorinnen und Prädikanten oder Prädikantinnen Verantwortung in ihrer Heimatgemeinde übernehmen. Nun ist Laura Brand ist eine von ihnen. 

In der Hannoverschen Landeskirche gibt es verschiedene Möglichkeiten einer Ausbildung für alle Gemeindemitglieder, die von ihrem Kirchenvorstand in die Ausbildung entsandt werden. Weitere Infos beim Lektoren- und Prädikantendienst am Michaeliskloster in Hildesheim unter https://www.lektoren-praedikanten.de                                  

Text: Harald Langguth