Nach über vier Jahren Vorbereitung haben die fünf evangelischen (Landes-)Kirchen und die vier katholischen (Erz-)Bistümer in Niedersachsen am 19. Dezember 2024 in der Neustädter Hof- und Stadtkirche in Hannover eine Vereinbarung über dem gemeinsam verantworteten christlichen Religionsunterricht unterzeichnet. Diese regelt von Seiten der Bistümer und (Landes-)Kirchen die Grundlagen des Faches „Christliche Religion nach evangelischen und katholischen Grundsätzen“, so der offizielle Name des christlichen Religionsunterrichts. Dieser soll ab dem Schuljahr 2025/2026 schrittweise die bisherigen Fächer Evangelische Religion und Katholische Religion an allen Schulformen in Niedersachsen ablösen. Erstmals in Deutschland übernehmen damit die evangelische und die katholische Kirche gemeinsam mit dem Land die Verantwortung für einen christlichen Religionsunterricht.
Im Vorfeld hatten die Konferenz der niedersächsischen katholischen Bischöfe, die Synoden, das Moderamen bzw. Kirchenregierungen der evangelischen Kirchen in Niedersachsen sowie der Rat der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen der Vereinbarung zugestimmt. Ende November gab schließlich die Landeskirche Hannover als letzte der evangelischen Kirchen grünes Licht für die landesweite Neuregelung des Religionsunterrichts. Das Besondere an dem neuen Fach sei, dass „hier Ökumene konkret wird“, betonte Oberlandeskirchenrätin Dr. Kerstin Gäfgen-Track vor der Landessynode. Das Kirchenparlament unterstützte das Konzept einstimmig.
Feierliche Unterzeichnung in Hannover
Bischof Thomas Adomeit (Oldenburg), Ratsvorsitzender der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, betonte im Rahmen der Unterzeichnung am 19. Dezember 2024 die Innovationskraft des Projektes: „Die heutige Unterzeichnung der Vereinbarung ist ein Schlüsselmoment bei der Einführung des christlichen Religionsunterrichts in Niedersachsen und ein Zeugnis gelebter Ökumene. Das neue Unterrichtsfach bringt die katholische und die evangelischen Kirchen näher zusammen, ohne das Eigene der jeweiligen Konfessionen zu verwischen. Dabei ist es für uns zentral, dass die anderen Konfessionen ebenso wie die anderen Religionen und Weltanschauungen im christlichen Religionsunterricht angemessen dargestellt und behandelt werden.“ Auch Bischof Dr. Heiner Wilmer (Bistum Hildesheim) würdigte die Bedeutung des Schrittes: „Das neue Unterrichtsfach hat Pilotcharakter und wird einen wichtigen Beitrag zur religiösen Bildung von Kindern und Jugendlichen in Niedersachsen leisten. Fachleute der Kirchen haben in den vergangenen Jahren in ökumenischer Verbundenheit sehr sorgfältig zusammengearbeitet, um das neue Unterrichtsfach gut an den Start zu bringen.“
Ebenfalls anwesend war die niedersächsische Kultusministerin Julia Willie Hamburg, die sich erfreut über die Vereinbarung zeigte: „Ich begrüße die außerordentliche Kooperationsbereitschaft der Kirchen in Niedersachsen sehr und gratuliere zu dieser wegweisenden Vereinbarung. Ein gemeinsam verantworteter christlicher Religionsunterricht ist ein – gerade in der aktuellen Zeit – wichtiges zeitgemäßes Zeichen für Dialog und Kooperation und bildet die Vielfalt in unserer Gesellschaft ab. Schülerinnen und Schüler können Pluralität und Heterogenität reflektieren sowie Respekt und Toleranz anderen gegenüber entwickeln.“
Landesschülerrat begrüßt die Einführung des CRU
Auch der Landesschülerrat Niedersachsen begrüßte diesen Schritt. „Die Zusammenarbeit der Kirchen ist ein starkes Zeichen für Dialog und Verständigung“, so Eduard Hillgert, stellvertretender Vorsitzender des Landesschülerrates. „Ein gemeinsamer Religionsunterricht bietet Chancen für Zusammenhalt – wenn alle Perspektiven berücksichtigt werden“, betonte Matteo Feind, Vorsitzender des Landesschülerrates.
Weitere Schritte bis zur Einführung
Das Land Niedersachsen und die beteiligten Kirchen erarbeiten derzeit eine gemeinsame Erklärung zum neuen Unterrichtsfach, die im Frühjahr 2025 fertiggestellt werden soll. Parallel dazu entwickeln zwei vom Land eingesetzte Kommissionen neue Lehrpläne (Kerncurricula) für die Grundschule und die weiterführenden Schulen der Sekundarstufe I. Ökumenische Arbeitsgruppen arbeiten an der Planung passender Fortbildungen sowie weiterer Unterstützungsmaßnahmen wie zum Beispiel geeignetem Unterrichtsmaterial.